Freizügigkeit im Verkehr von Gebrauchten Kraftfahrzeugen

Plenarsitzung vom 10. Juni 2013

Der Oberrheinrat in seiner Plenarsitzung vom 10. Juni 2013 und auf Antrag der Kommission Verkehr und Raumordnung vom 08. März 2013

  1. stellt fest, dass der Kauf von Gebrauchtfahrzeugen in unserem deutsch-französischen Grenzgebiet immer noch die gleichen Schwierigkeiten mit sich zieht, insbesondere aus folgenden Gründen:

         a. Fehlen französischer Ausfuhrkennzeichen für Gebrauchtfahrzeuge:
    Ausfuhrkennzeichen sind Übergangskennzeichen, die eine Bewegungsfreiheit auf dem Hoheitsgebiet mehrerer Mitgliedstaaten der Europäischen Union ermöglichen. Diese werden insbesondere bei grenzüberschreitenden Käufen von Kraftfahrzeugen benutzt. Seit der Einführung der neuen SIV-Verordnung (Système d’Immatriculation des Véhicules), erteilen die französischen Präfekturen keine Ausfuhrkennzeichen mehr für Gebrauchtfahrzeuge. Das wird damit begründet, dass ein Kfz-Kennzeichen  das Kraftfahrzeug von der (ersten) Anmeldung an bis zu seiner Vernichtung begleitet. Jemand ohne Wohnsitz in Frankreich, der ein gebrauchtes Kraftfahrzeug in Frankreich erwirbt, ist demnach nicht mehr in der Lage, es legal in das Land seines Wohnsitzes zu verbringen. Zum jetzigen Zeitpunkt fahren die angesprochenen Benutzer im deutsch-französischen Grenzgebiet in den meisten Fällen ohne gültige Kennzeichen oder besorgen sich, wenn es ihnen möglich ist, deutsche Ausfuhr-Kennzeichen.
         
         b. Ungültigkeit der vorübergehenden WW-Anmeldungen außerhalb des französischen Hoheitsgebiets:
    Die von den Präfekturen erteilten WW-Kennzeichen sind ausschließlich auf dem           nationalen Gebiet gültig. Dabei stünde der Anerkennung dieser französischen      Übergangskennzeichen im Ausland grundsätzlich nichts im Wege, sei es auf           europäischer Ebene (§ 4.2 der Erläuternden Mitteilung 2007/C68/04 der Europäischen        Kommission), oder auf deutscher Ebene (§20 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung). Im        Gegenteil: Nur, weil Frankreich beschlossen hat, deren Gültigkeit auf sein           nationales Hoheitsgebiet zu beschränken, können die anderen europäischen Länder –        mitunter Deutschland –  sie auf ihrem Boden nicht zulassen.

    Daraus ergibt sich, dass die Verbraucher derzeit über keine verwaltungstechnische Lösung verfügen, um nach dem grenzüberschreitenden Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs das französische Gebiet damit zu verlassen.

         c. Nicht-Anerkennung der Pflichtprüfungen (TÜV) zwischen Frankreich und Deutschland:
    Ein weiteres Hemmnis für die Freizügigkeit von Kraftfahrzeugen in Europa ist die einschränkende Auslegung der Richtlinie 2009/40/CE über die technische Überwachung  der Kraftfahrzeuge durch die deutschen und französischen Zulassungsbehörden. Pflichtprüfungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchgeführt wurden, werden von den französischen Präfekturen abgelehnt; für die Anmeldung von Gebrauchtfahrzeugen, die älter als vier Jahre sind, werden von den Präfekturen nur französische Prüfungsberichte anerkannt. Ein Verbraucher, der in Deutschland ein Gebrauchtfahrzeug mit gültigem deutschen Prüfbericht kauft, muss sich also mit dem Fahrzeug zu einer französischen Prüfstelle (centre de contrôle technique) begeben, um anschließend den Kraftfahrschein (carte grise) bei der Präfektur erlangen zu können. Eine solche doppelte Prüfung, die keinen weiteren Vorteil in Bezug auf Sicherheit bringt, lässt sich u.E. nicht rechtfertigen.

    Die deutschen Zulassungsstellen verlangen ihrerseits für Gebrauchtfahrzeuge, die älter als drei Jahre sind, im Allgemeinen einen in Deutschland erstellten Prüfbericht oder wenigstens eine beglaubigte Übersetzung des französischen Prüfberichts. In beiden Fällen geht diese Anforderung auch mit zusätzlichen Kosten für den Verbraucher einher.
  2. Bittet den französischen Staat, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit die Verbraucher beim Kauf eines Gebrauchtfahrzeuges über Mindestgarantien verfügen können. Dies setzt Folgendes voraus:  

         a. die Wiedereinführung von Ausfuhrbescheinigungen (certificats d’export),

         b. die Ausdehnung der Gültigkeit von WW-Kennzeichen auf die Hoheitsgebiete der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
  3. Wünscht, dass die deutschen und französischen Staaten die Gültigkeit der im Nachbarland erfolgten Prüfberichte anerkennen, sodass einem Verbraucher, der ein Gebrauchtfahrzeug älter als vier Jahre im Falle von Frankreich und älter als drei Jahre im Falle von Deutschland erworben hat, nicht unberechtigte Mehrkosten aufgebürdet werden, bevor er seinen Kraftfahrschein erlangen kann.
  4. Ruft eine rasche Erledigung dieser Fragen herbei, um die von diesen Einschränkungen betroffenen Verbraucher in die Lage zu versetzen, sich in aller Legalität mit ihren Kraftfahrzeugen frei zu bewegen.
  5. bittet zudem den Schweizer Bundesrat, die gesetzlichen Hemmnisse beim Direktimport neuer Kraftfahrzeuge in die Schweiz zu beseitigen. Dies gilt insbesondere für die Pflicht neue Fahrzeuge nochmals in der Schweiz vorzuführen und alle Papiere beim zuständigen Bundesamt für Strassen zur Genehmigung einzureichen.

Der Oberrheinrat richtet diesen Beschluss:

  • in Deutschland: an die Bundesregierung, an das Land Baden-Württemberg und das Land Rheinland-Pfalz,
  • in Frankreich: an die französische Regierung (Innenministerium und Außenministerium),
  • in der Schweiz: an den Bundesrat und die Regierungen der Kantone Basel-Stadt,
  • Basel-Landschaft, Aargau, Solothurn und Jura,
  • an die Oberrheinkonferenz zur Kenntnis.

 

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